Luftbild Dorchheim

Datierung
Die Postkarte, auf der sich das Bild befindet, ist zwar gelaufen, aber die Briefmarke wurde so entfernt, dass das Datum des Stempels nicht mehr zu sehen ist. Allerdings trägt die Karte den Aufdruck „Flieger-Foto Nr. 3106/39“. Die „39“ könnte das Jahr der Aufnahme bzw. der Freigabe durch das Reichsluftfahrtministerium angeben, also 1939. Außerdem ist vorne der Aufdruck „Klinke & Co. Berlin“ zu sehen. Dies war eine von 1927 bis in die 1960er Jahre bestehende Luftbildfirma.
Blickrichtung
Das Flugzeug befand sich südlich der Ortslage. Das Foto wurde also mit Blickrichtung Norden aufgenommen.
Bildauswertung
Sehr gut ist links unten die alte Pfarrkirche St. Nikolaus zu sehen, im 12. Jahrhundert erbaut und damit eine der ältesten Kirchen in der Region, die damals bereits nur noch als Friedhofskapelle diente. Der Friedhof war noch etwas kleiner als heute, dafür aber viel dichter mit Gräbern belegt, die auch sichtbar anders geformte Grabsteine als heute hatten. Von den beiden gewaltigen Bäumen am Friedhofseingang ist heute nur noch einer vorhanden.
Im Hintergrund erkennt man die neue Kirche St. Nikolaus mit dem daneben stehenden Pfarrhaus, die 1906 erbaut wurden. Rechts unterhalb davon steht der Marienstätter Hof mit seinem hohen Dach. Die Kellerei des Klosters Marienstatt stammt aus dem 14. Jahrhundert und dient heute als Rathaus.
Am rechten Bildrand in der Mitte ist das Dach des 1804 gebauten Amtshofs des Amts Ellar gut zu sehen, direkt an der Siegener Straße (heute B 54) gelegen. Den Straßenverlauf dieser wichtigen Fernverbindung erkennt man am oberen Bildrand in der Mitte gut.
Im Vergleich zu aktuellen Aufnahmen fällt vor allem die radikale Veränderung des Ortsbilds auf. Zunächst ist da die Ausdehnung. Standen die neue Kirche und das Umspannhäuschen (links davon, kurz vor dem linken Bildrand) damals noch am Ortsrand, sind beide heute mitten in Dorchheim gelegen. Anders gesagt: Der Ort hat sich in Richtung Norden praktisch verdoppelt und dazu sind viele Wiesen- und Obstbaumgrundstücke heute bebaut, gerade um den Marienstätter Hof herum oder am rechten unteren Bildrand. Aber auch wenn man einzelne Häuser betrachtet, erkennt man die Umgestaltung. So sind die großen Fachwerkhöfe links und rechts von der Nikolauskapelle heute verschwunden und durch kleinere, moderne Wohnhäuser ersetzt.
Was sich schließlich noch mustergültig zeigt, ist die Zersplitterung des Ackerlands in unserer Erbteilungsregion vor der Flurbereinigung. Die Aufnahme ist offenbar im Spätsommer oder frühen Herbst gemacht. Einige der Felder im Hintergrund sind hell, scheinen also noch Stoppeln zu tregen. Andere sind dunkel, also schon umgebrochen. Man sieht sehr gut, wie schmal die Streifen waren, die die Landwirte damals bearbeiten mussten.