St. Josefshaus Hadamar: Unterschied zwischen den Versionen
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== Erstes Hospital in der Kirchgasse == | == Erstes Hospital in der Kirchgasse == | ||
Umgehend nach der Einkleidung wurde statt Lötscherts Bruder Josef Steinborn nach Hadamar geschickt und damit zum 30. Juni 1856 die Hadamarer Niederlassung gegründet. Von Kaufmann Siebert erhielt die junge Gemeinschaft ein kleines Haus in der Kirchgasse zur Verfügung gestellt, in dem in der Folgezeit bis zu vier Kranke aufgenommen wurden. Die Stadt zahlte pro Tag zwölf Kreuzer für jeden Kranken, zusätzlich unterstützte die Einwohnerschaft die Kranken und ihren Pfleger mit Lebensmittelspenden.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 158.</ref> | Umgehend nach der Einkleidung wurde statt Lötscherts Bruder Josef Steinborn nach Hadamar geschickt und damit zum 30. Juni 1856 die Hadamarer Niederlassung gegründet. Von Kaufmann Siebert erhielt die junge Gemeinschaft ein kleines Haus in der Kirchgasse zur Verfügung gestellt, in dem in der Folgezeit bis zu vier Kranke aufgenommen wurden. Die Stadt zahlte pro Tag zwölf Kreuzer für jeden Kranken, zusätzlich unterstützte die Einwohnerschaft die Kranken und ihren Pfleger mit Lebensmittelspenden.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 158.</ref> Da sonst noch keine feste Niederlassung bestand, war Hadamar in der Anfangszeit das Zentrum des Gemeinschaft.<ref>''Rheinische Volksstimme'' vom 13. April 1906, abgerufen über deutsche-digitale-bibliothek.de, [https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/6CRFMJCGXKKVVAVWXZI3ZP4LJ4KDPOTJ?issuepage=2 Direktlink].</ref> 1861 wurde dann Montabaur zum Sitz der Barmherzigen Brüder. | ||
== Zweites Hospital == | == Zweites Hospital == | ||
Am 1. Dezember 1856 nahmen die Brüder ein neues Krankenhaus in die Benutzung, das als St.-Josefs-Hospital geführt wurde. Nachfolgend wuchs die Hadamarer Niederlassung auf zwei, dann drei Brüder, unter ihnen auch Peter Lötschert, der inzwischen den Ordensnamen Ignatius trug. Hadamarer Bürger wurden kostenlos gepflegt. Für Patienten ohne Bürgerrecht, etwa Lehrlinge, Knechte und Gesellen, fielen Zahlungen zwischen vier und zwölf Kreuzern pro Monat an. Die wenigen auswärtigen Gepflegten bzw. deren Heimatgemeinden mussten höhere Beträge entrichten. Ein Mittagessen wurde gereicht, für die übrige Verpflegung und Versorgung mussten Angehörige sorgen. Die Betreuung erfolgte überkonfessionell. Im Dezember 1857 genehmigte die nassauische Regierung den Brüdern eine Spendensammlung in Hadamar und den umgebenden Ämtern. In den folgenden Jahren zurden zum Teil Lebensmittelspenden weiterverkauft und Lotterien mit von der Bevölkerung erstellten Handarbeitswaren organisiert, um das Hospital mit Geld zu versorgen. Zudem übernahme Ignatius Lötscher 1859 den Küsterdienst in der Pfarrkirche und in der Herzenbergkapelle. Die Zahlung von jährlich 100 | Am 1. Dezember 1856 nahmen die Brüder ein neues Krankenhaus in die Benutzung, das als St.-Josefs-Hospital geführt wurde. Nachfolgend wuchs die Hadamarer Niederlassung auf zwei, dann drei Brüder, unter ihnen auch Peter Lötschert, der inzwischen den Ordensnamen Ignatius trug. Hadamarer Bürger wurden kostenlos gepflegt. Für Patienten ohne Bürgerrecht, etwa Lehrlinge, Knechte und Gesellen, fielen Zahlungen zwischen vier und zwölf Kreuzern pro Monat an. Die wenigen auswärtigen Gepflegten bzw. deren Heimatgemeinden mussten höhere Beträge entrichten. Ein Mittagessen wurde gereicht, für die übrige Verpflegung und Versorgung mussten Angehörige sorgen. Die Betreuung erfolgte überkonfessionell. Im Dezember 1857 genehmigte die nassauische Regierung den Brüdern eine Spendensammlung in Hadamar und den umgebenden Ämtern. In den folgenden Jahren zurden zum Teil Lebensmittelspenden weiterverkauft und Lotterien mit von der Bevölkerung erstellten Handarbeitswaren organisiert, um das Hospital mit Geld zu versorgen. Zudem übernahme Ignatius Lötscher 1859 den Küsterdienst in der Pfarrkirche und in der Herzenbergkapelle. Die Zahlung von jährlich 100 Gulden dafür ließ er größtenteils dem St.-Josefs-Hospital zukommen. Im gleichen Jahr erhielt Bruder Ignatius die Ehrenbürgerwürde Hadamars.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 160-162.</ref> | ||
== Drittes Hospital == | == Drittes Hospital == | ||
Weil der Platz im Hospitalgebäude bald nicht mehr ausreichte, erwarb der Hospitalvorstand 1862 von der Domänenverwaltung des Herzogtums Nassau den | Weil der Platz im Hospitalgebäude bald nicht mehr ausreichte, erwarb der Hospitalvorstand 1862 von der Domänenverwaltung des Herzogtums Nassau den Schmitzschen Hof gegenüber dem Schloss Hadamar an der späteren Hospitalstraße, zunächst wohl nur pachtweise. Das Anwesen umfasste ein zweistöckiges Wohnhaus, Ställe, eine Scheune ein Brauhaus und eine Remise. Das Wohnhaus wurde kurz darauf mit Kranken belegt und diente bis 1891 als drittes Hospital der Barmherzigen Brüder in Hadamar. 15 Krankenbette waren im Vollbetrieb vorhanden. In ihnen wurden 1891 von vier Brüdern 80 Kranke mit mehr als 9000 Pflegetagen versorgt. Während der Typhusepidemie 1870/71 pflegten in Hadamar sieben Barmherzige Brüder an der Seuche Erkrankte. Kurz darauf mussten sie im Rahmen des Kulturkampfs in Preußen ihre Küsterdienste abgeben. Der Orden selbst wurde wegen seiner Tätigkeit in der Krankenpflege nicht aufgelöst.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 162 f.</ref> | ||
1875 brannte die Scheune des Anwesens ab. 1877 wurde ein Gartengelände erworben, wodurch das Hospitalgelände bis zum [[Stadttor Hadamar|Anwesen Stadttor]] wuchs. 1889 erwarben die Barmherzigen Brüder das Hospitalgebäude für 5500 Mark und begannen einen Neubau anstelle der abgebrannten Scheune zu planen. In diesem Zusammenhang stehen offenbar auch finanzielle Veränderungen: Der bestehende Hospitalfonds wurde aufgelöst und die daraus hervorgehenden knapp 14.000 Mark dem Lokalarmenfonds zugefügt.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 163.</ref> | 1875 brannte die Scheune des Anwesens ab. 1877 wurde ein Gartengelände erworben, wodurch das Hospitalgelände bis zum [[Stadttor Hadamar|Anwesen Stadttor]] wuchs. 1889 erwarben die Barmherzigen Brüder das Hospitalgebäude für 5500 Mark und begannen einen Neubau anstelle der abgebrannten Scheune zu planen. In diesem Zusammenhang stehen offenbar auch finanzielle Veränderungen: Der bestehende Hospitalfonds wurde aufgelöst und die daraus hervorgehenden knapp 14.000 Mark dem Lokalarmenfonds zugefügt.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 163.</ref> | ||
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Bis zum Sommer 1891 wurde das neue Hospitalgebäude unter erheblicher Eigenarbeit der Brüder fertig. Auf einem knapp 700 qm großen Grundstück entstand ein rund 27 m langer und 13 m breiter dreigeschossiger Bau. Im folgenden Jahr wurde der alte Hospitalbau abgerissen. Sein Schutt füllte die Grube, aus der der Lehm für die Ziegelsteine des Neubaus gewonnen worden war. | Bis zum Sommer 1891 wurde das neue Hospitalgebäude unter erheblicher Eigenarbeit der Brüder fertig. Auf einem knapp 700 qm großen Grundstück entstand ein rund 27 m langer und 13 m breiter dreigeschossiger Bau. Im folgenden Jahr wurde der alte Hospitalbau abgerissen. Sein Schutt füllte die Grube, aus der der Lehm für die Ziegelsteine des Neubaus gewonnen worden war. | ||
Im Neubau wurden erstmals auch Menschen mit geistigen und körperlichen Beginderungen aufgenommen. 1892 wurden in 50 Betten 94 Kranke gepflegt. 1893 schlossen die Brüder mit dem Landesarmenverband, der eigentlich für die Versorgung Behinderter zuständig war, einen Vertrag, nach dem die Barmherzigen Brüder pro Kranken und Tag eine Mark für die Übernahme dieser Aufgabe erhalten sollten. Die Stadt Hadamar musste für die Unterbringung ortsansässiger Behinderter 80 Pfennige pro Tag zahlen. Die Einrichtung arbeitete mit diesen Beträgen nicht kostendeckend. 1901 lagen die Ausgaben bei 38.000 Mark, während der Pflegezuschuss 30.600 Mark ausmachte. Einnahmen aus Stiftungen und Erträge aus der Landwirtschaft deckten die übrigen Kosten. Rund zehn Brüder waren zu dieser Zeit im St.- | Im Neubau wurden erstmals auch Menschen mit geistigen und körperlichen Beginderungen aufgenommen. 1892 wurden in 50 Betten 94 Kranke gepflegt. 1893 schlossen die Brüder mit dem Landesarmenverband, der eigentlich für die Versorgung Behinderter zuständig war, einen Vertrag, nach dem die Barmherzigen Brüder pro Kranken und Tag eine Mark für die Übernahme dieser Aufgabe erhalten sollten. Die Stadt Hadamar musste für die Unterbringung ortsansässiger Behinderter 80 Pfennige pro Tag zahlen. Die Einrichtung arbeitete mit diesen Beträgen nicht kostendeckend. 1901 lagen die Ausgaben bei 38.000 Mark, während der Pflegezuschuss 30.600 Mark ausmachte. Einnahmen aus Stiftungen und Erträge aus der Landwirtschaft deckten die übrigen Kosten. Rund zehn Brüder waren zu dieser Zeit im St.-Josefshaus tätig. Um die Jahrhundertwende herum erfolgte die Umbenennung zu St.-Josefs-Anstalt. | ||
Weil erneut der Platz nicht ausreichte, erfolgte 1894, wieder weitgehend in Eigenarbeit, eine Erweiterung des Hauses an seiner östlichen Giebelseite. Dort richtete die Gemeinschaft eine private Pflegeanstalt für Geisteskranke ein. 1899 erfolgte eine erneute Erweiterung jeweils an der östlichen und der westlichen Seite und 1900 der Anbau einer Kapelle mit drei Altären in südlicher Richtung. Das Krankenhaus wurde damit zur dreiflügeligen Anlage. Das Haus umfasste nach diesen Erweiterungen 100 Krankenbetten. Auf dem Grundstück kamen eine Hoffläche und Gemüsegärten hinzu. Das zum Schloss gehörige Landwirtschaftsgut wurde gepachtet. Rechtlich wurden die zuvor als Genossenschaft organisierten Barmherzigen Brüdern zu dieser Zeit zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung. | Weil erneut der Platz nicht ausreichte, erfolgte 1894, wieder weitgehend in Eigenarbeit, eine Erweiterung des Hauses an seiner östlichen Giebelseite. Dort richtete die Gemeinschaft eine private Pflegeanstalt für Geisteskranke ein. 1899 erfolgte eine erneute Erweiterung jeweils an der östlichen und der westlichen Seite und 1900 der Anbau einer Kapelle mit drei Altären in südlicher Richtung. Das Krankenhaus wurde damit zur dreiflügeligen Anlage. Das Haus umfasste nach diesen Erweiterungen 100 Krankenbetten. Auf dem Grundstück kamen eine Hoffläche und Gemüsegärten hinzu. Das zum Schloss gehörige Landwirtschaftsgut wurde gepachtet. Rechtlich wurden die zuvor als Genossenschaft organisierten Barmherzigen Brüdern zu dieser Zeit zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung. | ||
1905 wurde das benachbarte Anwesen Weyer gekauft, zu dem auch das heute noch vorhandene Fachwerkhaus an der Hammelburg gehörte. Die dadurch hinzugewonnene Fläche ermöglichte einen erneuten Erweiterungsbau im Jahr 1911. Dazu wurde der Ostflügel von 1899 abgerissen und größer neu errichtet. Der Bau an der Hospitalstraße erreichte damit eine Länge von 63 Metern. Die beiden rechtwinklig dazu nach Süden liegenden Flügel waren rund 30 Meter lang. Nach dieser Erweiterung standen 180 Betten für Geisteskranke und Epileptiker sowie 15 für andere Kranke zur Verfügung. 17 Brüder taten zu dieser Zeit im St. Josefshaus Dienst. | 1905 wurde das benachbarte Anwesen Weyer gekauft, zu dem auch das heute noch vorhandene [[Stadttor Hadamar|Fachwerkhaus an der Hammelburg]] gehörte. Die dadurch hinzugewonnene Fläche ermöglichte einen erneuten Erweiterungsbau im Jahr 1911. Dazu wurde der Ostflügel von 1899 abgerissen und größer neu errichtet. Der Bau an der Hospitalstraße erreichte damit eine Länge von 63 Metern. Die beiden rechtwinklig dazu nach Süden liegenden Flügel waren rund 30 Meter lang. Nach dieser Erweiterung standen 180 Betten für Geisteskranke und Epileptiker sowie 15 für andere Kranke zur Verfügung. 17 Brüder taten zu dieser Zeit im St. Josefshaus Dienst. | ||
Kurz nach der Erweiterung wurde der benachbarte Bauernhof von Johann May gekauft. Dadurch erhielten die Brüder eine Fläche zwischen dem Anwesen Hammelburg und der Hospitalstraße, auf der sie einen Stall und eine Scheune errichteten. Dort wurde ein Teil der Insassen der Anstalt beschäftigt. Bereits seit 1908 waren Betreute auch zu Arbeiten wie der Herstellung von Bürsten und Fußmatten herangezogen worden.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 164 f.</ref> | Kurz nach der Erweiterung wurde der benachbarte Bauernhof von Johann May gekauft. Dadurch erhielten die Brüder eine Fläche zwischen dem Anwesen Hammelburg und der Hospitalstraße, auf der sie einen Stall und eine Scheune errichteten. Dort wurde ein Teil der Insassen der Anstalt beschäftigt. Bereits seit 1908 waren Betreute auch zu Arbeiten wie der Herstellung von Bürsten und Fußmatten herangezogen worden.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 164 f.</ref> | ||
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== Repression im "Drittern Reich" == | == Repression im "Drittern Reich" == | ||
Wie bei vielen anderen katholischen Einrichtungen, war auch das Verhältnis der St. Josefs-Anstalt mit dem NSDAP-Regime angespannt. So wurde die Einrichtung | Wie bei vielen anderen katholischen Einrichtungen, war auch das Verhältnis der St. Josefs-Anstalt mit dem NSDAP-Regime angespannt. So wurde die Einrichtung 1933 dazu herangezogen, im Wechsel mit dem bischöflichen Konvikt bis September bis zu 40 Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes zu verköstigen, freilich gegen Bezahlung. 1934 mussten 20 Arbeitnehmer aus dem Raum Frankfurt während eines Erholungsaufenthalts untergebracht werden. Die vereinbarte Entschädigung von 1,70 Mark pro Tag und Person wurden von staatlicher Seite jedoch nicht gezahlt. | ||
In den Jahren 1935 und 1936 wurde die St. Josefs-Anstalt, wie andere Ordenseinrichtungen, zum Ziel von teils fingierten Devisen- und Sittlichkeitsprozessen, ähnlich wie das benachbarte [[Franziskaner-Studienheim St. Ludwig Hadamar|Studienheim der Franziskaner]]. Im Frühjahr 1935 und im Herbst 1936 kam es zu umfangreichen Ermittlungen der Geheimen Staatspolizei in Hadamar. Mehrere Brüder aus | In den Jahren 1935 und 1936 wurde die St. Josefs-Anstalt, wie andere Ordenseinrichtungen, zum Ziel von teils fingierten Devisen- und Sittlichkeitsprozessen, ähnlich wie das benachbarte [[Franziskaner-Studienheim St. Ludwig Hadamar|Studienheim der Franziskaner]]. Im Frühjahr 1935 und im Herbst 1936 kam es zu umfangreichen Ermittlungen der Geheimen Staatspolizei in Hadamar. Mehrere Brüder aus dem St. Josefhaus wurden wochenlang in Untersuchungshaft gehalten. Zwei erhielten wegen angeblicher Sittlichkeitsvergehen Strafen.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 167.</ref> Dabei wurde der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs minderjähriger Pfleglinge erhoben und Mitter 1937 in der staatlich gesteuerten Presse weithin verbreitet.<ref>''Solinger Tageblatt'' vom 9. Juni 1937, abgerufen über deutsche-digitale-bibliothek.de, [https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/H2O23OJ6AWK5ERJXTITILA2PX7VNVN5B?issuepage=5 Direktlink].</ref> | ||
Zudem nutzten mehrere Bauern aus Hadamar und der Umgebung die antiklerikale Stimmung und die entsprechende Einstellung staatlicher Institutionen, um die Barmherzigen Brüder von ihren gepachteten Landwirtschaftsflächen zu verdrängen. So mussten die Brüder in der Erntesaison 1937 auf Anweisung der staatlichen Domänenverwaltung das Hofgut des Schlosses innerhalb von zwei Wochen räumen, obwohl sie es noch bis 1941 gepachtet hatten. Um Geräte und Vieh | Zudem nutzten mehrere Bauern aus Hadamar und der Umgebung die antiklerikale Stimmung und die entsprechende Einstellung staatlicher Institutionen, um die Barmherzigen Brüder von ihren gepachteten Landwirtschaftsflächen zu verdrängen. So mussten die Brüder in der Erntesaison 1937 auf Anweisung der staatlichen Domänenverwaltung das Hofgut des Schlosses innerhalb von zwei Wochen räumen, obwohl sie es noch bis 1941 gepachtet hatten. Um Geräte und Vieh unterzubringen, wurde auf dem Gelände des St. Josefshauses ein neuer Ökonomiehof errichtet. | ||
Von 1936 wurden dem St. Josefshaus zudem Kranke entzogen. Im Mai des Jahres wurden bis auf 28 Personen alle von ihnen in Landesheilanstalten verlegt. Damit erhielt das sogenannte Euthanasieprogramm des NS-Staates Zugriff auf diese Menschen. Dies bedeutete für die meisten eine Zwangssterilisierung und später die Ermordung. 1937 legten die Barmherzigen Brüder die verbleibenden Insassen ihrer Behindertenanstalten in Hadamar zusammen. Deren Zahl ging von zunächst 69 auf 56 Ende des Jahres 1941 zurück. Im weiteren Jahresverlauf wurden alle bis auf einen Betreuten in das Ermordungsprogramm des "Dritten Reiches" gezwungen. Der letzte Behinderte überlebte als Helfer in der Landwirtschaft der Barmherzigen Brüder und starb 1946 eines natürlichen Todes. | Von 1936 an wurden dem St. Josefshaus zudem Kranke entzogen. Im Mai des Jahres wurden bis auf 28 Personen alle von ihnen in Landesheilanstalten verlegt. Damit erhielt das sogenannte Euthanasieprogramm des NS-Staates Zugriff auf diese Menschen. Dies bedeutete für die meisten eine Zwangssterilisierung und später die Ermordung. 1937 legten die Barmherzigen Brüder die verbleibenden Insassen ihrer Behindertenanstalten in Hadamar zusammen. Deren Zahl ging von zunächst 69 auf 56 Ende des Jahres 1941 zurück. Im weiteren Jahresverlauf wurden alle bis auf einen Betreuten in das Ermordungsprogramm des "Dritten Reiches" gezwungen. Der letzte Behinderte überlebte als Helfer in der Landwirtschaft der Barmherzigen Brüder und starb 1946 eines natürlichen Todes. | ||
Auch die Zahl der in Hadamar tätigen Brüder verringerte sich von 19 im Jahr 1937 auf acht im Jahr 1941. Viele von ihnen wurden nach Kriegsbeginn zur Wehrmacht einberufen. Die Gebäude der St. Josefsanstalt waren bei Kriegsbeginn zunächst als Lazarett vorgesehen, dieses wurde dann aber in der Ladnesheil- und -pflegeanstalt auf dem Mönchberg eingerichtet. Genutzt wurde das St. Josefshaus dann zusammen mit dem Konvik als Gefangenenlager für polnische Offiziere. Die Brüder durften nur noch Räume an ihrer Kapelle und den Bau an der Hammelburg nutzen, wo auch die verbleibenden | Auch die Zahl der in Hadamar tätigen Brüder verringerte sich von 19 im Jahr 1937 auf acht im Jahr 1941. Viele von ihnen wurden nach Kriegsbeginn zur Wehrmacht einberufen. Die Gebäude der St. Josefsanstalt waren bei Kriegsbeginn zunächst als Lazarett vorgesehen, dieses wurde dann aber in der Ladnesheil- und -pflegeanstalt auf dem Mönchberg eingerichtet. Genutzt wurde das St. Josefshaus dann zusammen mit dem Konvik als Gefangenenlager für polnische Offiziere. Die Brüder durften nur noch Räume an ihrer Kapelle und den Bau an der Hammelburg nutzen, wo auch die verbleibenden gut 50 Kranken untergebracht waren. Der Staat zahlte eine Entschädigung von 900 Mark im Monat. Im Mai 1940 wurden vorübergehend rund 70 verwundete Franzosen und Marokkaner gepflegt. Am 20. Juli war ein Fluchtversuch mehrerer polnischer Offiziere vorübergehend erfolgreich: Sie gruben einen Tunnel vom Leichenkeller der Anstalt zum überbauten Faulbach, wurden später jedoch wieder gefasst. Als Folge wurden alle polnisch sprechenden Einwohner von Hadamar der Stadt verweisen, unter ihnen auch ein Barmherziger Bruder. | ||
Ende 1941 wurden die verbeleibenden Gefangenen in das Konvikt verlegt. Die Brüder wuschen aber weiterhin die Wäsche für das Offizierslager. Kurz darauf verfügte der Landrat in Limburg die Beschlagnahmung des St. Josefhauses mit allen zugehörigen Gebäuden und Grundstücken. Die Gebäude sollten für den ''Staatlichen Aufbaulehrgang zur Vorbereitung auf das Studium an Hochschulen für Lehrerbildung'', Kurz: Lehrerbildungsanstalt, genutzt werden. Diese befand sich seit Oktober 1939 in den Räumen des [[Annahaus Hadamar|St. Annahauses]], das ebenfalls vom NS-Staat beschlagnahmt worden war, sollte dort aber der städtischen Oberschule weichen, die anstelle des ebenfalls staatlicherseits aufgelösten Gymnasiums Hadamar eingerichtet worden war. Im März 1942 übernahm die Lehrerbildungsanstalt das St. Josefshaus. Neun Brüder verblieben aber im Gebäude und bewohnten provisorisch verschiedene Räume. Im Oktober 1942 erließ der Oberpräsident in Kassel einen Räumungsbefehl mit Gültigkeit zum 1. März 1943. Letztlich gelang es, die Räumung zu verhindern, indem ein Beamter des Offizierslagers im Konvikt die Nebenräume beschlagnahmte, die von den Brüdern bewohnt wurden, und einen Oberst im Haus einquartiere. | Ende 1941 wurden die verbeleibenden Gefangenen in das Konvikt verlegt. Die Brüder wuschen aber weiterhin die Wäsche für das Offizierslager. Kurz darauf verfügte der Landrat in Limburg die Beschlagnahmung des St. Josefhauses mit allen zugehörigen Gebäuden und Grundstücken. Die Gebäude sollten für den ''Staatlichen Aufbaulehrgang zur Vorbereitung auf das Studium an Hochschulen für Lehrerbildung'', Kurz: Lehrerbildungsanstalt, genutzt werden. Diese befand sich seit Oktober 1939 in den Räumen des [[Annahaus Hadamar|St. Annahauses]], das ebenfalls vom NS-Staat beschlagnahmt worden war, sollte dort aber der städtischen Oberschule weichen, die anstelle des ebenfalls staatlicherseits aufgelösten Gymnasiums Hadamar eingerichtet worden war. Im März 1942 übernahm die Lehrerbildungsanstalt das St. Josefshaus. Neun Brüder verblieben aber im Gebäude und bewohnten provisorisch verschiedene Räume. Im Oktober 1942 erließ der Oberpräsident in Kassel einen Räumungsbefehl mit Gültigkeit zum 1. März 1943. Letztlich gelang es, die Räumung zu verhindern, indem ein Beamter des Offizierslagers im Konvikt die Nebenräume beschlagnahmte, die von den Brüdern bewohnt wurden, und einen Oberst im Haus einquartiere. | ||
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Von städtischer Seite ging der Hadamarer Bürgermeister im Oktober 1943 mit einem Schreiben an den Landrat gegen das St. Josefshaus vor. Er zielte darauf, die Einrichtung ganz aufzulösen, da eine zweite Einrichtung für Behinderte neben der Landesheil- und Pflegeanstalt - zu diesem Zeitpunkt schon allgemein in ihrer wahren Nutzung als Tötungsstätte bekannt - in der Stadt nicht nötig und an dieser zentralen Stelle auch nicht angebracht sei. | Von städtischer Seite ging der Hadamarer Bürgermeister im Oktober 1943 mit einem Schreiben an den Landrat gegen das St. Josefshaus vor. Er zielte darauf, die Einrichtung ganz aufzulösen, da eine zweite Einrichtung für Behinderte neben der Landesheil- und Pflegeanstalt - zu diesem Zeitpunkt schon allgemein in ihrer wahren Nutzung als Tötungsstätte bekannt - in der Stadt nicht nötig und an dieser zentralen Stelle auch nicht angebracht sei. | ||
Neben der Bewirtschaftung der verbleibenden Landwirtschaft und des Gartens betrieben die Brüder zusammen mit dem verbliebenen Betreuten und sieben französischen Kriegsgefangenen weiter | Neben der Bewirtschaftung der verbleibenden Landwirtschaft und des Gartens betrieben die Brüder zusammen mit dem verbliebenen Betreuten und sieben französischen Kriegsgefangenen weiter die Wäscherei, die neben dem Offizierslager auch für die Lehrerbildungsanstalt, Einheiten der wEhrmacht in Limburg und das Lazarett in Montabaur arbeitete. Hinzu kamen von 1942 an Küsterdiebnste in der Stadt und weiter die ambulante Krankenpflege in Hadamar und im Umland. | ||
Mit dem herannahenden Zusammenbruch der deutschen Seite im Zweiten Weltkrieg kam es erneut zu Einquartierungen im St. Josephshaus. Im November 1944 nahmen die Wehrersatzinspektion Koblenz und der Stab eines Kommandos der Luftwaffe mitsamt Luftwaffenhelferinnen die Räume in Beschlag. Bei einem Bombenangriff auf Hadamar am 17. März 1945 trafen drei Bomben das Grundstück des St. Josefshauses und richteten Schäden an Dächern, Fenstern und Türen an. Am 20. März 1945 verließen die Wehrmachtseinheiten udn die Lehrerbildungsanstalt fluchtartig das Gebäude und die Stadt. Am 26. März 1945 besetzten US-amerikanische Truppen Hadamar kampflos.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 167-169.</ref> | Mit dem herannahenden Zusammenbruch der deutschen Seite im Zweiten Weltkrieg kam es erneut zu Einquartierungen im St. Josephshaus. Im November 1944 nahmen die Wehrersatzinspektion Koblenz und der Stab eines Kommandos der Luftwaffe mitsamt Luftwaffenhelferinnen die Räume in Beschlag. Bei einem Bombenangriff auf Hadamar am 17. März 1945 trafen drei Bomben das Grundstück des St. Josefshauses und richteten Schäden an Dächern, Fenstern und Türen an. Am 20. März 1945 verließen die Wehrmachtseinheiten udn die Lehrerbildungsanstalt fluchtartig das Gebäude und die Stadt. Am 26. März 1945 besetzten US-amerikanische Truppen Hadamar kampflos.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 167-169.</ref> | ||
== Nachkriegszeit, Auflösung der Ordensniederlassung und Nachgeschichte== | == Nachkriegszeit, Auflösung der Ordensniederlassung und Nachgeschichte== | ||
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das St. Josefshaus bis August 1945 als Reservelazarett genutzt. Daraufhin | In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das St. Josefshaus bis August 1945 als Reservelazarett genutzt. Daraufhin ließ die US-Militärregierung dort trotz Protesten des bischöflichen Ordinariats in Limburg bis zu 300 geschlechtskranke Frauen unterbringen. Kurzzeitig nahmen Teile des Hauses auch Wöchnerinnen auf. | ||
Die Barmherzigen Brüder entschieden sich in dieser Zeit gegen einer erneute Inbetriebnahme des St. Josefshauses. Gründe waren der nur noch gering Zulauf der | Die Barmherzigen Brüder entschieden sich in dieser Zeit gegen einer erneute Inbetriebnahme des St. Josefshauses. Gründe waren der nur noch gering Zulauf der Gemeinschaft, die inzwischen mangelhafte Eignung der Gebäude als Krankenhaus und die Tatsache, dass ein reines Männerkrankenhaus neben dem St. Annahaus, das inzwischen beide Geschlechter aufnahm, in Hadamar kaum eine Existenzberechtigung besaß. Die Gebäude wurden daraufhin im Dezember 1946 für 900 Mark an den Kommunalverband des Regierungsbezirks Wiesbaden verpachtet. Dieser betrieb es zunächst weiter als Krankenhaus, von 1950 an als Altenheim, insbesondere für Heimatvertriebene. | ||
Zum 1. Juni 1951 gaben die Barmherzigen Brüder ihre Niederlassung in Hadamar | Zum 1. Juni 1951 gaben die Barmherzigen Brüder ihre Niederlassung in Hadamar ganz auf. Der Kommunalverband erwarb das Anwesen für 200.000 Mark. Um diese Transaktion gab es Auseinandersetzungen mit der Stadt Hadamar. Diese wollte angesichts der Geschichte Hadamars als Standort der NS-Tötungsanstalt eine erneute Unterbringung psychisch Erkrankter verhindern und kündigte die Nutzung eines Vorkaufsrechts an. Die Volksschule und ein Kindergarten sollten in dem Gebäude untergebracht werden. Letztlich blieb es aber bei dem Verkauf. | ||
Anfang 1976 endete auch die Nutzung als | Anfang 1976 endete auch die Nutzung als Altenheim durch den inzwischen in den Landeswohlfahrtsverband aufgegangenen Kommunalverband. Daraufhin blieb das St. Josefshaus ein Jahr lang leer. Angesichts des Alters des Gebäudes konnten weder die Stadt noch der Landeswohlfahrtsverband eine sinnvolle Nutzung entwerfen. Am 4. Februar 1977 wurde das St. Josefshaus gesprengt.<ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 169 f.</ref> An seiner Stelle errichtete ein privater Investor eine Immobilie für einen Supermarkt sowie weitere gewerbliche Nutzungen. Bis heute wird die Immobilie als Standort für Einzelhandel, Gastronomie und weitere gewerbliche Nutzungen verwendet. | ||
== Obere der Niederlassung Hadamar == | |||
* Ignatius Lötschert - 30. Juni 1856 bis 31. Dezember 1860 | |||
* Johannes Weber - 31. Dezember 1860 bis 27. Dezember 1863 | |||
* Stanislaus Frink - 27. Dezember 1863 bis 1. Juli 1865 | |||
* Franziskus Nebgen - 1. Juli 1865 bis 1. Mai 1868 | |||
* Josef Vogt - 1. Mai 1868 bis 5. Mai 1870 | |||
* Makarius Rixmann - 5. Mai 1870 bis 30. Mai 1873 | |||
* Augustin Gehling - 30. Mai 1873 bis 1. Janaur 1877 | |||
* Stanislaus Frink - 1. Januar 1877 bis 5. Januar 1882 | |||
* Liborius Groos - 5. Januar 1882 bis 30. Juli 1887 | |||
* Ambrosius Egert - 30. Juli 1887 bis 11. September 1887 | |||
* Xaverius Bender - 11. September 1887 bis 12. September 1893 | |||
* Matthäus Reitz - 12. September 1893 bis 10. September 1896 | |||
* Xaverius Bender - 10 September 1896 bis 10. März 1901 | |||
* Wolfgang Hümmer- 10. März 1901 bis 3. August 1903 | |||
* Protasius Reißfelder - 3. August 1903 bis 5. Juli 1909 | |||
* Eligius Borr - 5. Juli 1909 bis 10. September 1910 | |||
* Wolfgang Hümmer - 10 September 1910 bis 12. Oktober 1916 | |||
* Cyrillus Berdolt - 12. Oktober 1916 bis 10. August 1919 | |||
* Hyazinth Vey - 10. August 1919 bis 26. August 1923 | |||
* Eligius Borr - 26. August 1923 bis 26. August 1929 | |||
* Nikodemus Wingenfeld - 26. August 1929 bis 20. September 1935 | |||
* Winfried Spinner - 20. September 1935 bis 9. Februar 1940 | |||
* Blasius Busch - 9. Februar 1940 bis 9. September 1949 | |||
* Georg Ruberg - 9. September 1949 bis 1. Juni 1951 <ref>Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 170.</ref> | |||
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Aktuelle Version vom 18. September 2025, 22:21 Uhr
Das St. Josefshaus war ein Krankenhaus und Altenheim in Hadamar, das vom Orden der Barmherzigen Brüder von Montabaur betrieben wurde.
Vorgeschichte
Hadamar verfügte im frühen 19. Jahrhundert über kein Hospital. Zuvor lassen sich ein Siechenhaus aus dem 17. Jahrhundert in der Nähe des Hexenbergs nachweisen und ein Haus, das Fürst Moritz Heinrich 1663 der Stadt als Hospital geschenkt hatte. Dieses Anwesen am Neumarkt wurde aber 1812 auf Abbruch verkauft.[1]
Der spätere Ordensgründer Peter Lötschert (geb. 4. August 1820, gest. 1. März 1886) begann am 1. Januar 1837 eine Lehre beim Großkaufmann Jakob Christian Siebert in Hadamar. Bald wendete Lötschert sich aber ganz der christlichen Krankenpflege zu. 1851 sammelte er in Hillscheid Gleichgesinnte um sich, mit denen er caritativ tätig wurde. Bald weitete sich diese Arbeit aus und im März 1856 kehrte Lötschert vorübergehend nach Hadamar zurück, um dort einen alten Mann zu pflegen. Am 29. Juni 1856 erfolgte die Einkleidung der ersten fünf Barmherzigen Brüder und damit die offizielle Gründung der Kongregation.[2]
Erstes Hospital in der Kirchgasse
Umgehend nach der Einkleidung wurde statt Lötscherts Bruder Josef Steinborn nach Hadamar geschickt und damit zum 30. Juni 1856 die Hadamarer Niederlassung gegründet. Von Kaufmann Siebert erhielt die junge Gemeinschaft ein kleines Haus in der Kirchgasse zur Verfügung gestellt, in dem in der Folgezeit bis zu vier Kranke aufgenommen wurden. Die Stadt zahlte pro Tag zwölf Kreuzer für jeden Kranken, zusätzlich unterstützte die Einwohnerschaft die Kranken und ihren Pfleger mit Lebensmittelspenden.[3] Da sonst noch keine feste Niederlassung bestand, war Hadamar in der Anfangszeit das Zentrum des Gemeinschaft.[4] 1861 wurde dann Montabaur zum Sitz der Barmherzigen Brüder.
Zweites Hospital
Am 1. Dezember 1856 nahmen die Brüder ein neues Krankenhaus in die Benutzung, das als St.-Josefs-Hospital geführt wurde. Nachfolgend wuchs die Hadamarer Niederlassung auf zwei, dann drei Brüder, unter ihnen auch Peter Lötschert, der inzwischen den Ordensnamen Ignatius trug. Hadamarer Bürger wurden kostenlos gepflegt. Für Patienten ohne Bürgerrecht, etwa Lehrlinge, Knechte und Gesellen, fielen Zahlungen zwischen vier und zwölf Kreuzern pro Monat an. Die wenigen auswärtigen Gepflegten bzw. deren Heimatgemeinden mussten höhere Beträge entrichten. Ein Mittagessen wurde gereicht, für die übrige Verpflegung und Versorgung mussten Angehörige sorgen. Die Betreuung erfolgte überkonfessionell. Im Dezember 1857 genehmigte die nassauische Regierung den Brüdern eine Spendensammlung in Hadamar und den umgebenden Ämtern. In den folgenden Jahren zurden zum Teil Lebensmittelspenden weiterverkauft und Lotterien mit von der Bevölkerung erstellten Handarbeitswaren organisiert, um das Hospital mit Geld zu versorgen. Zudem übernahme Ignatius Lötscher 1859 den Küsterdienst in der Pfarrkirche und in der Herzenbergkapelle. Die Zahlung von jährlich 100 Gulden dafür ließ er größtenteils dem St.-Josefs-Hospital zukommen. Im gleichen Jahr erhielt Bruder Ignatius die Ehrenbürgerwürde Hadamars.[5]
Drittes Hospital
Weil der Platz im Hospitalgebäude bald nicht mehr ausreichte, erwarb der Hospitalvorstand 1862 von der Domänenverwaltung des Herzogtums Nassau den Schmitzschen Hof gegenüber dem Schloss Hadamar an der späteren Hospitalstraße, zunächst wohl nur pachtweise. Das Anwesen umfasste ein zweistöckiges Wohnhaus, Ställe, eine Scheune ein Brauhaus und eine Remise. Das Wohnhaus wurde kurz darauf mit Kranken belegt und diente bis 1891 als drittes Hospital der Barmherzigen Brüder in Hadamar. 15 Krankenbette waren im Vollbetrieb vorhanden. In ihnen wurden 1891 von vier Brüdern 80 Kranke mit mehr als 9000 Pflegetagen versorgt. Während der Typhusepidemie 1870/71 pflegten in Hadamar sieben Barmherzige Brüder an der Seuche Erkrankte. Kurz darauf mussten sie im Rahmen des Kulturkampfs in Preußen ihre Küsterdienste abgeben. Der Orden selbst wurde wegen seiner Tätigkeit in der Krankenpflege nicht aufgelöst.[6]
1875 brannte die Scheune des Anwesens ab. 1877 wurde ein Gartengelände erworben, wodurch das Hospitalgelände bis zum Anwesen Stadttor wuchs. 1889 erwarben die Barmherzigen Brüder das Hospitalgebäude für 5500 Mark und begannen einen Neubau anstelle der abgebrannten Scheune zu planen. In diesem Zusammenhang stehen offenbar auch finanzielle Veränderungen: Der bestehende Hospitalfonds wurde aufgelöst und die daraus hervorgehenden knapp 14.000 Mark dem Lokalarmenfonds zugefügt.[7]
Viertes Hospital
Bis zum Sommer 1891 wurde das neue Hospitalgebäude unter erheblicher Eigenarbeit der Brüder fertig. Auf einem knapp 700 qm großen Grundstück entstand ein rund 27 m langer und 13 m breiter dreigeschossiger Bau. Im folgenden Jahr wurde der alte Hospitalbau abgerissen. Sein Schutt füllte die Grube, aus der der Lehm für die Ziegelsteine des Neubaus gewonnen worden war.
Im Neubau wurden erstmals auch Menschen mit geistigen und körperlichen Beginderungen aufgenommen. 1892 wurden in 50 Betten 94 Kranke gepflegt. 1893 schlossen die Brüder mit dem Landesarmenverband, der eigentlich für die Versorgung Behinderter zuständig war, einen Vertrag, nach dem die Barmherzigen Brüder pro Kranken und Tag eine Mark für die Übernahme dieser Aufgabe erhalten sollten. Die Stadt Hadamar musste für die Unterbringung ortsansässiger Behinderter 80 Pfennige pro Tag zahlen. Die Einrichtung arbeitete mit diesen Beträgen nicht kostendeckend. 1901 lagen die Ausgaben bei 38.000 Mark, während der Pflegezuschuss 30.600 Mark ausmachte. Einnahmen aus Stiftungen und Erträge aus der Landwirtschaft deckten die übrigen Kosten. Rund zehn Brüder waren zu dieser Zeit im St.-Josefshaus tätig. Um die Jahrhundertwende herum erfolgte die Umbenennung zu St.-Josefs-Anstalt.
Weil erneut der Platz nicht ausreichte, erfolgte 1894, wieder weitgehend in Eigenarbeit, eine Erweiterung des Hauses an seiner östlichen Giebelseite. Dort richtete die Gemeinschaft eine private Pflegeanstalt für Geisteskranke ein. 1899 erfolgte eine erneute Erweiterung jeweils an der östlichen und der westlichen Seite und 1900 der Anbau einer Kapelle mit drei Altären in südlicher Richtung. Das Krankenhaus wurde damit zur dreiflügeligen Anlage. Das Haus umfasste nach diesen Erweiterungen 100 Krankenbetten. Auf dem Grundstück kamen eine Hoffläche und Gemüsegärten hinzu. Das zum Schloss gehörige Landwirtschaftsgut wurde gepachtet. Rechtlich wurden die zuvor als Genossenschaft organisierten Barmherzigen Brüdern zu dieser Zeit zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
1905 wurde das benachbarte Anwesen Weyer gekauft, zu dem auch das heute noch vorhandene Fachwerkhaus an der Hammelburg gehörte. Die dadurch hinzugewonnene Fläche ermöglichte einen erneuten Erweiterungsbau im Jahr 1911. Dazu wurde der Ostflügel von 1899 abgerissen und größer neu errichtet. Der Bau an der Hospitalstraße erreichte damit eine Länge von 63 Metern. Die beiden rechtwinklig dazu nach Süden liegenden Flügel waren rund 30 Meter lang. Nach dieser Erweiterung standen 180 Betten für Geisteskranke und Epileptiker sowie 15 für andere Kranke zur Verfügung. 17 Brüder taten zu dieser Zeit im St. Josefshaus Dienst.
Kurz nach der Erweiterung wurde der benachbarte Bauernhof von Johann May gekauft. Dadurch erhielten die Brüder eine Fläche zwischen dem Anwesen Hammelburg und der Hospitalstraße, auf der sie einen Stall und eine Scheune errichteten. Dort wurde ein Teil der Insassen der Anstalt beschäftigt. Bereits seit 1908 waren Betreute auch zu Arbeiten wie der Herstellung von Bürsten und Fußmatten herangezogen worden.[8]
Weitere Ausbauten der Anstalt erfolgten im frühen 20. Jahrhundert. 1905 wurde eine Gasbeleuchtung installiert. 1911 folgten Spültoiletten und Badewannen. 1916 pachteten die Brüder die benachbarte Schlossmühle. 1920 wurde dort nach Umbauten ein Stromgenerator in den Betrieb genommen und damit das Anwesen mit elektrischem Strom versorgt. Weiterhin wurde aber auch Korn gemahlen. Ebenfalls von 1920 an betrieben die Brüder eine eigene Bäckerei. 1925 wurde eine Kühlanlage eingebaut und 1931 Anlagen zum Herstellen von Mineralwasser und Limonade sowie zur Abfüllung von Bier erworben.[9]
1911 begann ein Rechtsstreit mit der staatlichen Finanzverwaltung um Steuerforderungen gegenüber dem St.-Josefs-Hospital, den die Brüder nach drei Instanzen gewannen.[10]
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das St. Josephshaus als Lazarett genutzt. Die rund 15 Brüder verblieben vorerst dort im Dienst, die meisten Angestellten wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Die beiden Glocken des St.-Josefshauses wurden im Kriegsverlauf zur Waffenproduktion eingeschmolzen. Nach Kriegsende 1918 erhielt das Haus eine Einquartierung von 90 US-amerikanischen Soldaten. Die Wirtschaftsgebäude wurden von diesen als Werkstatt für Militärfahrzeuge genutzt.
Nachdem die Zahl der betreuten Geisteskranken 1917 auf bis zu 250 gesteigen war, sank sie bis 1920 auf rund 100 Personen ab. Die Barmherzigen Brüder füllten die Kapazitäten daraufhin mit älteren Männern aus Frankfurt auf, meist Stadtarme, so dass bald wieder rund 200 Personen betreut wurden. Diese Belegung wurde 1928 zu Gunsten der Einrichtung einer Kinderabteilung aufgegeben. Bis 1930 wurden jährlich bis zu 15 Kinder gepflegt. Anstelle der Kinderabteilung entstand dann eine Abteilung, in der 26 bettlägerige Kranke versorgt wurden. 1931 wurde mit 335 Insassen die historische größte Belegung erreicht. Diese ging danach jedoch schlagartig auf rund 250 zurück, weil viele Kommunen ihre Kranken wieder abzogen, wohl weil sie als Folge der Weltwirtschaftskrise und einer Missernte die nötigen Zahlungen kaum noch aufbringen konnten. Auch die allgemeinen öffentlichen Zuschüsse verringerten sich von 2,70 Mark pro Tag und Person auf 1,70 Mark im Jahr 1933. Angesichts der schweren Wirtschaftskrise leisteten die Brüder bis Mitte 1932 die Speisung von täglich bis zu 30 Kindern und die Verteilung von wöchentlich bis zu 40 Laib Brot. In dieser Zeit wurde eine Scheune an der Ecke Hospitalstraße/Hamelburg abgerissen und 1934 eine neue Bäckerei mit Brot- und Armenzimmer sowie Wurstküche eingerichtet. Darüber entstand ein 16 mal 10 Meter großer Festsaal mit Bühne.[11]
Repression im "Drittern Reich"
Wie bei vielen anderen katholischen Einrichtungen, war auch das Verhältnis der St. Josefs-Anstalt mit dem NSDAP-Regime angespannt. So wurde die Einrichtung 1933 dazu herangezogen, im Wechsel mit dem bischöflichen Konvikt bis September bis zu 40 Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes zu verköstigen, freilich gegen Bezahlung. 1934 mussten 20 Arbeitnehmer aus dem Raum Frankfurt während eines Erholungsaufenthalts untergebracht werden. Die vereinbarte Entschädigung von 1,70 Mark pro Tag und Person wurden von staatlicher Seite jedoch nicht gezahlt.
In den Jahren 1935 und 1936 wurde die St. Josefs-Anstalt, wie andere Ordenseinrichtungen, zum Ziel von teils fingierten Devisen- und Sittlichkeitsprozessen, ähnlich wie das benachbarte Studienheim der Franziskaner. Im Frühjahr 1935 und im Herbst 1936 kam es zu umfangreichen Ermittlungen der Geheimen Staatspolizei in Hadamar. Mehrere Brüder aus dem St. Josefhaus wurden wochenlang in Untersuchungshaft gehalten. Zwei erhielten wegen angeblicher Sittlichkeitsvergehen Strafen.[12] Dabei wurde der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs minderjähriger Pfleglinge erhoben und Mitter 1937 in der staatlich gesteuerten Presse weithin verbreitet.[13]
Zudem nutzten mehrere Bauern aus Hadamar und der Umgebung die antiklerikale Stimmung und die entsprechende Einstellung staatlicher Institutionen, um die Barmherzigen Brüder von ihren gepachteten Landwirtschaftsflächen zu verdrängen. So mussten die Brüder in der Erntesaison 1937 auf Anweisung der staatlichen Domänenverwaltung das Hofgut des Schlosses innerhalb von zwei Wochen räumen, obwohl sie es noch bis 1941 gepachtet hatten. Um Geräte und Vieh unterzubringen, wurde auf dem Gelände des St. Josefshauses ein neuer Ökonomiehof errichtet.
Von 1936 an wurden dem St. Josefshaus zudem Kranke entzogen. Im Mai des Jahres wurden bis auf 28 Personen alle von ihnen in Landesheilanstalten verlegt. Damit erhielt das sogenannte Euthanasieprogramm des NS-Staates Zugriff auf diese Menschen. Dies bedeutete für die meisten eine Zwangssterilisierung und später die Ermordung. 1937 legten die Barmherzigen Brüder die verbleibenden Insassen ihrer Behindertenanstalten in Hadamar zusammen. Deren Zahl ging von zunächst 69 auf 56 Ende des Jahres 1941 zurück. Im weiteren Jahresverlauf wurden alle bis auf einen Betreuten in das Ermordungsprogramm des "Dritten Reiches" gezwungen. Der letzte Behinderte überlebte als Helfer in der Landwirtschaft der Barmherzigen Brüder und starb 1946 eines natürlichen Todes.
Auch die Zahl der in Hadamar tätigen Brüder verringerte sich von 19 im Jahr 1937 auf acht im Jahr 1941. Viele von ihnen wurden nach Kriegsbeginn zur Wehrmacht einberufen. Die Gebäude der St. Josefsanstalt waren bei Kriegsbeginn zunächst als Lazarett vorgesehen, dieses wurde dann aber in der Ladnesheil- und -pflegeanstalt auf dem Mönchberg eingerichtet. Genutzt wurde das St. Josefshaus dann zusammen mit dem Konvik als Gefangenenlager für polnische Offiziere. Die Brüder durften nur noch Räume an ihrer Kapelle und den Bau an der Hammelburg nutzen, wo auch die verbleibenden gut 50 Kranken untergebracht waren. Der Staat zahlte eine Entschädigung von 900 Mark im Monat. Im Mai 1940 wurden vorübergehend rund 70 verwundete Franzosen und Marokkaner gepflegt. Am 20. Juli war ein Fluchtversuch mehrerer polnischer Offiziere vorübergehend erfolgreich: Sie gruben einen Tunnel vom Leichenkeller der Anstalt zum überbauten Faulbach, wurden später jedoch wieder gefasst. Als Folge wurden alle polnisch sprechenden Einwohner von Hadamar der Stadt verweisen, unter ihnen auch ein Barmherziger Bruder.
Ende 1941 wurden die verbeleibenden Gefangenen in das Konvikt verlegt. Die Brüder wuschen aber weiterhin die Wäsche für das Offizierslager. Kurz darauf verfügte der Landrat in Limburg die Beschlagnahmung des St. Josefhauses mit allen zugehörigen Gebäuden und Grundstücken. Die Gebäude sollten für den Staatlichen Aufbaulehrgang zur Vorbereitung auf das Studium an Hochschulen für Lehrerbildung, Kurz: Lehrerbildungsanstalt, genutzt werden. Diese befand sich seit Oktober 1939 in den Räumen des St. Annahauses, das ebenfalls vom NS-Staat beschlagnahmt worden war, sollte dort aber der städtischen Oberschule weichen, die anstelle des ebenfalls staatlicherseits aufgelösten Gymnasiums Hadamar eingerichtet worden war. Im März 1942 übernahm die Lehrerbildungsanstalt das St. Josefshaus. Neun Brüder verblieben aber im Gebäude und bewohnten provisorisch verschiedene Räume. Im Oktober 1942 erließ der Oberpräsident in Kassel einen Räumungsbefehl mit Gültigkeit zum 1. März 1943. Letztlich gelang es, die Räumung zu verhindern, indem ein Beamter des Offizierslagers im Konvikt die Nebenräume beschlagnahmte, die von den Brüdern bewohnt wurden, und einen Oberst im Haus einquartiere.
Von städtischer Seite ging der Hadamarer Bürgermeister im Oktober 1943 mit einem Schreiben an den Landrat gegen das St. Josefshaus vor. Er zielte darauf, die Einrichtung ganz aufzulösen, da eine zweite Einrichtung für Behinderte neben der Landesheil- und Pflegeanstalt - zu diesem Zeitpunkt schon allgemein in ihrer wahren Nutzung als Tötungsstätte bekannt - in der Stadt nicht nötig und an dieser zentralen Stelle auch nicht angebracht sei.
Neben der Bewirtschaftung der verbleibenden Landwirtschaft und des Gartens betrieben die Brüder zusammen mit dem verbliebenen Betreuten und sieben französischen Kriegsgefangenen weiter die Wäscherei, die neben dem Offizierslager auch für die Lehrerbildungsanstalt, Einheiten der wEhrmacht in Limburg und das Lazarett in Montabaur arbeitete. Hinzu kamen von 1942 an Küsterdiebnste in der Stadt und weiter die ambulante Krankenpflege in Hadamar und im Umland.
Mit dem herannahenden Zusammenbruch der deutschen Seite im Zweiten Weltkrieg kam es erneut zu Einquartierungen im St. Josephshaus. Im November 1944 nahmen die Wehrersatzinspektion Koblenz und der Stab eines Kommandos der Luftwaffe mitsamt Luftwaffenhelferinnen die Räume in Beschlag. Bei einem Bombenangriff auf Hadamar am 17. März 1945 trafen drei Bomben das Grundstück des St. Josefshauses und richteten Schäden an Dächern, Fenstern und Türen an. Am 20. März 1945 verließen die Wehrmachtseinheiten udn die Lehrerbildungsanstalt fluchtartig das Gebäude und die Stadt. Am 26. März 1945 besetzten US-amerikanische Truppen Hadamar kampflos.[14]
Nachkriegszeit, Auflösung der Ordensniederlassung und Nachgeschichte
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das St. Josefshaus bis August 1945 als Reservelazarett genutzt. Daraufhin ließ die US-Militärregierung dort trotz Protesten des bischöflichen Ordinariats in Limburg bis zu 300 geschlechtskranke Frauen unterbringen. Kurzzeitig nahmen Teile des Hauses auch Wöchnerinnen auf.
Die Barmherzigen Brüder entschieden sich in dieser Zeit gegen einer erneute Inbetriebnahme des St. Josefshauses. Gründe waren der nur noch gering Zulauf der Gemeinschaft, die inzwischen mangelhafte Eignung der Gebäude als Krankenhaus und die Tatsache, dass ein reines Männerkrankenhaus neben dem St. Annahaus, das inzwischen beide Geschlechter aufnahm, in Hadamar kaum eine Existenzberechtigung besaß. Die Gebäude wurden daraufhin im Dezember 1946 für 900 Mark an den Kommunalverband des Regierungsbezirks Wiesbaden verpachtet. Dieser betrieb es zunächst weiter als Krankenhaus, von 1950 an als Altenheim, insbesondere für Heimatvertriebene.
Zum 1. Juni 1951 gaben die Barmherzigen Brüder ihre Niederlassung in Hadamar ganz auf. Der Kommunalverband erwarb das Anwesen für 200.000 Mark. Um diese Transaktion gab es Auseinandersetzungen mit der Stadt Hadamar. Diese wollte angesichts der Geschichte Hadamars als Standort der NS-Tötungsanstalt eine erneute Unterbringung psychisch Erkrankter verhindern und kündigte die Nutzung eines Vorkaufsrechts an. Die Volksschule und ein Kindergarten sollten in dem Gebäude untergebracht werden. Letztlich blieb es aber bei dem Verkauf.
Anfang 1976 endete auch die Nutzung als Altenheim durch den inzwischen in den Landeswohlfahrtsverband aufgegangenen Kommunalverband. Daraufhin blieb das St. Josefshaus ein Jahr lang leer. Angesichts des Alters des Gebäudes konnten weder die Stadt noch der Landeswohlfahrtsverband eine sinnvolle Nutzung entwerfen. Am 4. Februar 1977 wurde das St. Josefshaus gesprengt.[15] An seiner Stelle errichtete ein privater Investor eine Immobilie für einen Supermarkt sowie weitere gewerbliche Nutzungen. Bis heute wird die Immobilie als Standort für Einzelhandel, Gastronomie und weitere gewerbliche Nutzungen verwendet.
Obere der Niederlassung Hadamar
- Ignatius Lötschert - 30. Juni 1856 bis 31. Dezember 1860
- Johannes Weber - 31. Dezember 1860 bis 27. Dezember 1863
- Stanislaus Frink - 27. Dezember 1863 bis 1. Juli 1865
- Franziskus Nebgen - 1. Juli 1865 bis 1. Mai 1868
- Josef Vogt - 1. Mai 1868 bis 5. Mai 1870
- Makarius Rixmann - 5. Mai 1870 bis 30. Mai 1873
- Augustin Gehling - 30. Mai 1873 bis 1. Janaur 1877
- Stanislaus Frink - 1. Januar 1877 bis 5. Januar 1882
- Liborius Groos - 5. Januar 1882 bis 30. Juli 1887
- Ambrosius Egert - 30. Juli 1887 bis 11. September 1887
- Xaverius Bender - 11. September 1887 bis 12. September 1893
- Matthäus Reitz - 12. September 1893 bis 10. September 1896
- Xaverius Bender - 10 September 1896 bis 10. März 1901
- Wolfgang Hümmer- 10. März 1901 bis 3. August 1903
- Protasius Reißfelder - 3. August 1903 bis 5. Juli 1909
- Eligius Borr - 5. Juli 1909 bis 10. September 1910
- Wolfgang Hümmer - 10 September 1910 bis 12. Oktober 1916
- Cyrillus Berdolt - 12. Oktober 1916 bis 10. August 1919
- Hyazinth Vey - 10. August 1919 bis 26. August 1923
- Eligius Borr - 26. August 1923 bis 26. August 1929
- Nikodemus Wingenfeld - 26. August 1929 bis 20. September 1935
- Winfried Spinner - 20. September 1935 bis 9. Februar 1940
- Blasius Busch - 9. Februar 1940 bis 9. September 1949
- Georg Ruberg - 9. September 1949 bis 1. Juni 1951 [16]
Einzelnachweise
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 158.
- ↑ Alois Staudt: Die Barmherzigen Brüder von Montabaur (FMM). Gründung, Auftrag und Entwicklung. In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 158.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 158.
- ↑ Rheinische Volksstimme vom 13. April 1906, abgerufen über deutsche-digitale-bibliothek.de, Direktlink.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 160-162.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 162 f.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 163.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 164 f.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 166 f.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 163.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 166 f.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 167.
- ↑ Solinger Tageblatt vom 9. Juni 1937, abgerufen über deutsche-digitale-bibliothek.de, Direktlink.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 167-169.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 169 f.
- ↑ Walter Lutz: Die Niederlassung in Hadamar (1856-1951). In: Norbert Zabel (Hrsg.): Die Orden im Bezirks Limburg seit der Gründung des Bistums Limburg, Selters/Taunus, 1992. S. 170.